Ein Traum für jeden Tourengeher: Wenn im Frühling die ersten Sonnenstrahlen die gefrorene Schneeoberfläche
erwärmen, wird die oberste Schicht weich. Nach einem Aufstieg auf eisigem Untergrund lockt dann eine
genussvolle Abfahrt im Firn (Sulzschnee).
Ein stabiler, tragfähiger Schmelzharschdeckel ist in der
Regel ein Sicherheitszeichen und Garant für geringe Lawinengefahr. Vor
allem im Frühjahr nach kalten, klaren Nächten, in denen die Schneedecke
abstrahlen kann, finden wir diese Verhältnisse vor.
ABER: Nur wenige Zentimeter dick, geht der stabile
Schmelzharschdeckel durch Erwärmung im Tagesverlauf wieder verloren -
man bricht schließlich durch die Schneedecke durch!
Früher Aufbruch und vor allem eine rechtzeitige Abfahrt sind deshalb bei Touren im Frühjahr ein wesentlicher Sicherheitsfaktor. Ganz abgesehen davon, dass Skifahren im "Sumpf" keine Freude bereitet und die Verletzungsgefahr deutlich ansteigt.
Übrigens: Harscheisen für den Aufstieg nicht vergessen - in den Morgenstunden ist die Unterlage hart und eisig! mehr zum Thema Harscheisen
Regen, intensive Sonneneinstrahlung oder tageszeitliche
Erwärmung führen zu einer Durchfeuchtung der gesamten Schneedecke. Der
damit verbundene Festigkeitsverlust lässt die Lawinengefahr drastisch
ansteigen – typisch für die Situation im Frühjahr.
Im Allgemeinen lässt sich starke Durchfeuchtung aber gut erkennen. Hat der tragende Schmelzharschdeckel seine Festigkeit durch Sonneneinstrahlung bzw. Wärme verloren, versinkt man beim Spuren bzw. bei der Abfahrt schnell knietief im "Sumpf".
Achtung: Bei starker Durchfeuchtung ist das Merkmal "stark verspurt" kein Indiz für Sicherheit bzw. kein "Go-Faktor"! (siehe Entscheidungsstrategie Stop or Go© Cardfolder Skitouren)
Starke Durchfeuchtung ist abhängig von der Höhe und der Exposition. Besonders im Frühjahr können steile Ost-, Südost und Südhänge in weniger als einer Stunde von starker Durchfeuchtung betroffen sein und jegliche Stabilität verlieren. Dadurch steigt die Lawinengefahr im Tagesverlauf durch Erwärmung drastisch an.
In der Praxis bedeutet dies, dass der richtigen Zeitplanung eine besonders große Bedeutung zukommt: Steile Hänge >30° und Einzugsgebiete von Nassschneelawinen müssen befahren werden, bevor der Harschdeckel seine Tragfähigkeit verliert.
"Eine besondere Herausforderung für den Wintersportler, aber auch für Lawinenprognostiker sowie Lawinenkommissionsmitglieder stellt das Frühjahr dar. Selten liegen "sicher" und "gefährlich" zeitlich so eng beieinander, selten ist somit auch die Bandbreite der während eines Tages ausgegebenen Gefahrenstufen so groß.
Einerseits ist die Lawinengefahr kaum einmal leichter einzuschätzen als bei stabilen Firnverhältnissen, andererseits werden aber auch kaum jemals während eines Winters so große Lawinenabgänge verzeichnet wie während kritischer Frühjahrssituationen. Dabei spielt neben dem Schneedeckenaufbau das zum Teil komplexe Wechselspiel aus Lufttemperatur, Luftfeuchte, Strahlungseinfluss und Wind eine entscheidende Rolle.
Wirklich kritisch wird es immer dann, wenn bei bedecktem Himmel die Lufttemperatur hoch, die Strahlung intensiv, die Luft sehr feucht ist und zudem kein Wind weht. Die Schneedecke wird dann besonders rasch nass. Entsprechend rasch steigt dann auch die Lawinengefahr an.
Nach einer klaren, kühlen Nacht kann man sich hingegen zumindest während der Morgenstunden auf sichere Verhältnisse einstellen. Dies hat damit zu tun, weil bei trockener Luft der Schnee an der Oberfläche sublimiert (= direkter Übergang zu Wasserdampf) und dadurch die Schneedecke abkühlt. Wind ist in diesem Fall günstig, denn er verstärkt die Sublimationskühlung und verhindert so das allzu rasche Aufweichen der Schneeoberfläche.
Für den Wintersportler sind zeitliche Disziplin sowie Flexibilität bei der Tourenplanung gefragter denn je."
Diese Lawinenart kann als nasse Schneebrettlawine oder als nasse Lockerschneelawine abgehen. Besonders im Frühling nach Regen oder tageszeitlicher Erwärmung reißen sie häufig spontan los.
Der Hauptauslöser von Nassschneelawinen ist Wasser in der Schneedecke, welches die Bindungen an den Schichtgrenzen markant schwächt.
Das gefährliche an Nassschneelawinen ist ihr großes Schadenspotential: Im Frühjahr sind immer wieder Verkehrswege von Nassschneelawinen betroffen.
Sie entstehen durch Abgleiten der gesamten
Schneedecke auf einer steilen, glatten, meist grasigen Fläche.
Bei
Gleitschneelawinen ist - anders als bei Schneebrettlawinen - nicht der
Bruch einer Schwachschicht Ursache für den Abgang, sondern ein
großflächiger Reibungsverlust auf einer glatten Fläche.
Gleitschneelawinen kündigen sich durch typische Risse ("Fischmäuler")
in der Schneedecke an. Für ihr Entstehen muss die Schneedecke möglichst
homogen (ohne viele Schichten) und der Übergang zum Untergrund feucht
sein.
Deshalb treten sie gehäuft im Herbst, nach dem ersten großen Neuschneefall auf, wenn der Boden noch nicht gefroren ist, oder im Frühjahr, wenn die Schneedecke erstmals massiv durchnässt wird.
Noch viele weitere Informationen zum Thema findet ihr in unserem "Booklet Skitouren" aus der Reihe "SicherAmBerg".
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