Der lange Weg zum Schutzgebiet
Eine gewaltige Herausforderung für den Österreichischen Alpenverein in den 1980er Jahren war die Mitarbeit an der Realisierung des ersten österreichischen Nationalparkes in den Hohen Tauern. Als bedeutendster Grundeigentümer mit 333 km² stellte man sich – erfolgreich – gegen eine Reihe großtechnischer Erschließungswünsche und hielt in Folge gegen alle Widerstände den Weg für den Nationalpark frei.
Dass sich der Österreichische Alpenverein für
die Einrichtung bzw. Erhaltung von Schutzgebieten als Bollwerke der alpinen
Raumordnung und des Alpenschutzes einsetzt, gilt nicht erst seit den
Jahreshauptversammlungen in Bad Hofgastein (1978) und Kössen/Reit i. Winkl
(1992).
Heute sind die unterschiedlichen Schutzgebietskategorien nicht nur allgemein etabliert und bekannt, sondern Natur- und Umweltschutz hat insgesamt einen wichtigen Stellenwert in der Gesellschaft. Somit liegt der Fokus nun auf effizienter Betreuung dieser besonders geschützten Räume, um die Akzeptanz durch die einheimische Bevölkerung zu stärken und den Mehrwert für die Region herauszuarbeiten. Im Netzwerk Alpiner Schutzgebiete (ALPARC) sind die Hohen Tauern auch aktiv an der konkreten Umsetzung des Artikels „Naturschutz und Landschaftspflege“ der Alpenkonvention beteiligt.
1971: Dreiländervereinbarung von Heiligenblut
Im Jahre 1971 kam es zwischen den drei Landeshauptleuten von Tirol, Kärnten
und Salzburg in Heiligenblut zur Dreiländervereinbarung mit dem Ziel, das
einmalige Gebirgsmassiv der Hohen Tauern als Nationalpark gesetzlich zu
verankern. Es mussten 10 Jahre vergehen, bis 1981 Kärnten als erstes Bundesland
diese Dreiländervereinbarung umsetzte, indem ein 180 km² großes Gebiet in der
Schober- und Glocknergruppe zum Nationalpark erklärt wurde. 1983 folgte
Salzburg.
Erschließungsprojekte bedrohen den geplanten Nationalpark in Tirol
In der Zwischenzeit (1980er-Jahre) entbrannte im geplanten Tiroler Anteil
des Nationalparkes Hohe Tauern ein heftiger Kampf zwischen Naturschützern auf
der einen und Kraftwerks- und Seilbahnbetreibern auf der anderen Seite. Gerade
der Österreichische Alpenverein als größter Grundeigentümer in den Hohen Tauern
war es, der von der ersten Stunde an massiv dafür eintrat, diese intakte Natur-
und Kulturlandschaft sowie die bizarre Gletscherwelt der Hohen Tauern
nachhaltig zu sichern und vor technischen Eingriffen zu schützen. Mit aller
Kraft stemmte sich der ÖAV daher gegen das geplante Kraftwerk Dorfertal/Matrei
i. O., das mit einer 220 m hohen Staumauer beinahe das gesamte Kalser Dorfertal
unter Wasser setzen sollte sowie die dazu geplanten 25 Bachableitungen zwischen
1.900 und 2.000 m auf der Südseite der Hohen Tauern. Obendrein planten
Seilbahnbetreiber die Süd-West-Abdachung des Großvenedigers mit einem großen
Gletscherschigebiet schitechnisch auf dem Grundeigentum des ÖAV zu erschließen.
1982: Die
ÖAV-Nationalpark-Patenschaft wird geboren
In der Zeit der heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Alpenverein und
den Energie- und Seilbahnbetreibern "erfand" der Österreichische
Alpenverein die Aktion "Patenschaft für den Nationalpark Hohe
Tauern". Mit einer Größe von 10.000 m² richtete der Österreichische
Alpenverein Quadratmeterfelder in den gefährdeten Gebieten ein. Mit den Spendeneinnahmen
aus dem symbolischen Verkauf und der Patenschaftsübernahme von
Quadratmetern konnten zur Stärkung der Nationalparkregionen eine Vielzahl von
Projekten gefördert und unterstützt werden. 20 Jahre nach der
Dreiländervereinbarung von Heiligenblut wurde schließlich im Jahre 1991 auch
der Tiroler Anteil zum Nationalpark erklärt. Auf 1.856 km² gelang damit eine
der bedeutendsten und größten Flächensicherungen einer alpinen Natur- und
Kulturlandschaft.
Ein Nationalpark wird Wirklichkeit
Mit der Unterschutzstellung der Hohen Tauern in den Jahren 1981 (Kärnten), 1983
(Salzburg), 1991 (Tirol) war aber die Arbeit für den noch jungen
Nationalpark nicht getan, denn die heftigen Auseinandersetzungen um
das geplante Kraftwerk Dorfertal/Matrei i. O. und um die geplante
Seilbahnerschließung auf den Großvenediger hatte zu einer Spaltung in der
Bevölkerung in der Nationalparkregion geführt. Der Österreichische
Alpenverein sah es daher als Pflicht an, Projekte in der Nationalparkregion
zu unterstützen und zu finanzieren. Dadurch konnte Schritt für Schritt die
Akzeptanz für den Nationalpark Hohe Tauern erreicht werden. Immer wieder kommen
jedoch Begehrlichkeiten und Erschließungswünsche an die Öffentlichkeit,
weswegen der kontinuierliche Einsatz des Alpenvereins für das Erfolgsprojekt
Nationalpark Hohe Tauern eine Selbstverständlichkeit ist.
Im Kärntner
Anteil am Nationalpark Hohe Tauern ist der ÖAV seit 1918
Grundeigentümer von rund 41 km² im obersten Mölltal. Damals schenkte der große
Naturschutzmäzen und Villacher Holzindustrielle Albert Wirth dem ÖAV die
Flächen rund um Großglockner, die Pasterze und die berühmte Gamsgrube. Im Jahre
1981 konnte der ÖAV sein Grundeigentum nach über 60 Jahren des Ringens in den
Nationalpark Hohe Tauern einbringen. Die Kärntner Landesregierung erklärte den ÖAV-Grund
1986 dann zu den beiden ersten Sonderschutzgebieten im Nationalpark Hohe
Tauern "Großglockner-Pasterze" und Gamsgrube".
1995 nominierte das Land Kärnten die Kernzone und Sonderschutzgebiete des
Nationalparks Hohe Tauern als Natura 2000-Gebiet. Nach langwierigen
Verhandlungen ist es dem ÖAV im Jahre 1988 gelungen, im Bereich der
Hochalmspitzgruppe weitere 8 km² Grund zu erwerben. Damit gehören rund 13
Prozent des gesamten Kärntner Nationalparkanteils dem ÖAV, der Prozentanteil an
der Kernzone beträgt knapp 20 %. Die drei an den Kärntner Nationalparkfonds
erstmals 1995 verpachteten Eigenjagden des ÖAV stellen für die Kärntner
NP-Verwaltung eine wichtige Voraussetzung für die internationale Anerkennung
als Nationalpark der Kategorie II dar.
In Osttirol beträgt das ÖAV-Grundeigentum rund 46 % am 610 km² großen Tiroler Anteil am Nationalpark bzw. 80 % der Kernzone - somit das flächenmäßige Rückgrat des gesamten Nationalparks Hohe Tauern-Tirol. Ohne die Hartnäckigkeit des Alpenvereins und den Jahrzehnte langen Widerstand, oft gegen das Unverständnis der Gemeinden, wären die Realisierung des Gletscherskigebietes Venediger-Süd-West und anderer skitechnischer/energiewirtschaftlicher Erschließungswünsche wie des Großspeicherkraftwerksprojekts Dorfertal/ Matrei i.O. wohl viel eher möglich gewesen. Im Jahre 1991 beschloss der Tiroler Landtag endlich das Tiroler Nationalparkgesetz, womit das ÖAV-Grundeigentum nach 40 Jahren erbitterten Ringens um die Südseite der Hohen Tauern endlich zum Nationalpark erklärt worden ist. Das ÖAV-Eigentum ist in Tirol der Schlüssel für die internationale Anerkennung als Nationalpark der Kategorie II.
Im Salzburger
Nationalpark-Anteil ist die Österreichische Bundesforste AG
größter Grundeigentümer. Dort ist es dem ÖAV 1990/91 gelungen, 6 ha im Bereich
der Umrahmung der weltberühmten Krimmler Wasserfälle zu
erwerben, die 2007 40 Jahre Europaschutzdiplom feiern konnten.
Mit einer Gesamthöhe von 380 m gehören die Krimmler Wasserfälle weltweit zu den
eindruckvollsten und höchsten Wasserfällen und werden durch Krimmler Ache und den
vergletscherten Krimmler Kees gespeist. Als typischer Gletscherbach zeigt die
Krimmler Ache einen ausgeprägten Tages- und Jahresablauf in der Wasserführung.
Durchschnittlich benötigt das Schmelzwasser vom Gletschertor bis zu den
Wasserfällen 9 - 12 Stunden (Länge 18 km). Das Tagesmaximum des Abflusses tritt
daher zwischen 21 und 24 Uhr auf. Am eindrucksvollsten sind die Krimmler
Wasserfälle in den Monaten Juni und Juli, wo das 30- bis 40fache der
Februarmenge abfließt. Die drei Fallstufen sind über einen mit Aussichtskanzeln
ausgestattenen Wanderweg, der von der ÖAV-Sektion Warnsdorf/Krimml laufend
gewartet wird, gut erreichbar.
Die Krimmler Wasserfälle erhielten im Jahre 1967 vom Europarat erstmalig das
Europäische Naturschutzdiplom, das seit damals alle fünf Jahre verlängert
wurde. Im Jahre 1990 erwarb der ÖAV Grund im Bereich des Unteren Krimmler
Wasserfalles und im Jahre 1994 eröffnete der ÖAV im Eingangsbereich zu den
Krimmler Wasserfällen eine Informationsstelle. Jahr für Jahr wird die gesamte
Wegeinfra-struktur bei den Krimmler Wasserfällen von der ÖAV-Sektion
Warnsdorf/Krimml mit großem (finanziellen) Aufwand betreut. 2007 wurde ein
großes Jubiläum mit Festschrift gefeiert: 40 Jahre Europaschutzdiplom
Krimmler Wasserfälle. Weiterführende Informationen unter www.wasserfaelle-krimml.at
Der ÖAV
hat im Vorfeld bei der Erstellung des Nationalparkplanes intensiv mitgewirkt
und seine Vorstellungen bezüglich der zukünftigen Managementaufgaben im Bereich
der Besucherlenkung und der freien Zugänglichkeit, für den Schutzhüttenbereich
und die Förderung des traditionell ausgeübten Alpintourismus erfolgreich
eingebracht. Besondere Priorität gilt der einheimischen Bevölkerung sowie den 33
Anrainergemeinden mit entsprechenden Regionalförderungen eine Existenzsicherung
zu bieten, damit die Akzeptanz auf Dauer für den Nationalpark gewährleistet
ist.
Durch die tiefe Verbundenheit mit dem Nationalpark Hohe
Tauern – auf Grund der Entstehungsgeschichte und dem großen Grundbesitz in der
Region – sind im Rahmen des ÖAV-Patenschaftsfonds viele Kooperationen und Projekte im Laufe der Jahre umgesetzt worden. Hier eine kleine Auswahl: