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Herdenchef mit Weitblick

Schafbauer Thomas Schranz hat die traditionelle Wanderschäferei neu entdeckt. Mit gezielter Weideführung will er Tier, Mensch und Vegetation einen Gefallen tun. 

Ein Beitrag von Theresa Girardi | veröffentlicht im Bergauf Magazin 03-2021.

Schafbauer Schranz ist der Erhalt der traditionellen Weide- und Hirtenkultur ein wichtiges Anliegen. (Foto: T. Schranz)

Dijay und Summ kommen regelrecht angeflogen, als wir auf die Koppel zugehen. Stark sind die Hündinnen der Rasse Kangal und allzeit bereit, ihre Herde gegen Eindringlinge zu verteidigen. Mit einer sanften Handbewegung deutet Schafbauer Schranz den gut erzogenen Tieren, dass keine Gefahr von uns zu erwarten ist. Jetzt erst entdecken wir die hochgewachsenen Lamas und das wuschelige Alpaka zwischen den Schafen und Ziegen die Köpfe recken und uns neugierig beäugen. Auch sie gehören zur Gruppe und zu Schranzʼ Herdenschutz-Kompetenzzentrum im Tiroler Oberland.

Von Alm zu Alm

Vor einigen Jahren hat der Schafbauer aus Tösens die erste Wanderschäferei Tirols ins Leben gerufen. In den Sommermonaten zieht Schranz nun von Weide zu Weide, hoch oben in Pfunds, Ried und Fließ. Was ihn dazu bewogen habe, wollen wir gleich zu Beginn wissen. „Der Erhalt der Weidekultur, gesunde Almen und natürlich zufriedene Tiere“, sagt er, während er Dijay und Summ, jetzt handzahm wie Lämmchen, die Bäuche krault.

Viele der Almen seien in den letzten Jahrzehnten aus Zeit- und Personalmangel vernachlässigt worden. Als Folge nimmt die Verbuschung zu, vielerorts ist Erosion ein Problem. Für Landwirte sei das Mähen kaum mehr rentabel, erklärt Schranz, deshalb habe er nach einer ökologisch und sozial verträglichen Lösung gesucht. Er fand sie in der traditionellen Wanderschäferei und in der Arbeit mit „easy care“ Schafen.

Natürliche Rasenmäher

Die Tiere sind natürliche Rasenmäher. Sie sind besonders pflegeleicht, müssen nicht geschoren werden, sondern verlieren ihr Wollkleid im Laufe des Jahres ganz von selbst. Das Fell wirkt wie Dünger für den Boden und wird von Vögeln und Kleinsäugern zum Nestbau verwendet. Die „easy care“ Schafe haben verglichen mit anderen Nutztieren außerdem ein relativ geringes Körpergewicht: Ihr Tritt festigt den Boden, ohne Schaden anzurichten.

Vielen Menschen sei nicht bewusst, dass Katastrophenschutz auf über 2.000 Metern Seehöhe mitten im Hochgebirge beginne, so Schranz. „Verfolgt man die Talläufe und Bäche, wird man schnell feststellen, dass die Muren und Hochwässer hier unten im Siedlungsgebiet landen und erheblichen Schaden anrichten. Schafe und Ziegen können das Problem mit ihrem Weideverhalten an der Wurzel packen.“ Es gehe bei der gezielten Weideführung also mitnichten nur um schöne sattgrüne Almen, sondern um den Beitrag, den die Landwirtschaft fürs Gemeinwohl leiste.

„Das ist viel mehr als die Gaudi eines einzelnen Bauern, der seine Viecher gern in die Höhe schickt“, sagt Schranzʼ Mitarbeiter Christoph Stöckl schmunzelnd. Schranz hat in den letzten Jahren viel Gegenwind erfahren, lange war er allein auf weiter Flur. Mittlerweile wollen aber immer mehr Bauern und Almbesitzer von ihm lernen. Je nach Vegetation und Bodenbeschaffenheit ist er auch mit anderen Tieren im Gelände unterwegs, etwa mit einer Walachenbock-Gruppe auf den alpinen Trockenhängen rundum Fiss und Ladis. „Speziallandschaftspflege nennen wir das“, lacht der Schäfer. Eine gezielte Beweidung will er bald zum Beispiel auf den Hängen neben Skipisten anbieten, um so die Lawinengefahr zu minimieren. 

Ein wirksames Dreigespann. Thomas Schranz will Herdenschutz durch den Einsatz von Schutzhunden, Lamas und elektrischen Zäunen sicherstellen. (Foto: G. Müller)
Im Sommer rücken die "Speziallandschaftspfleger" wieder aus, um die Almen gesund zu halten und die Biodiversität zu fördern. (Foto: A. Kofler)
 

Ein altes Berufsbild neu belebt

Von der Seite ertönt immer wieder das Blöken der Schafe. Das Tierwohl steht bei Schranz an oberster Stelle. So wird etwa das Tempo der wandernden Herde immer den aktuellen Witterungsbedingungen und dem Gelände angepasst. „Müssen die Tiere mehrere Tage durch den Schnee, verlieren sie an Gewicht. Das wollen wir schließlich nicht.“ Ein findiger Hirte, der die Faktoren Boden, Vegetation, Wind und Wetter sowie die Tiergesundheit abzuschätzen weiß, sei für die nachhaltige Bewirtschaftung daher unerlässlich. „Durch das bewusste Leiten der Herde mit Hirtenhunden wird Über- und Unterbeweidung verhindert und die Gewichtserträge der Tiere sind deutlich besser.“

An Nachwuchs fehlt es jedenfalls nicht – bei Schaf und Mensch! Viele Freiwillige würden sich bereit erklären, in den Sommermonaten einige Wochen auf der Alm zu verbringen. „Der Hirtenberuf ist gefragt. Gerade in diesen schnellen Zeiten wird die Hinwendung zur Natur als etwas sehr Positives erachtet“, weiß Schranz. Er selbst ist momentan an der Entwicklung eines entsprechenden Lehrkatalogs beteiligt, künftig soll es in Österreich nämlich eine solide Ausbildung geben.

Speziallandschaftspflege. (Foto: A. Kofler)

Lernen, mit dem Wolf zu leben

Ein Thema, das dabei unweigerlich Eingang findet, ist der Herdenschutz. Die zunehmende Wolfspräsenz im Alpenraum hat im letzten Jahr für viel Diskussionsstoff gesorgt, Abschussgenehmigungen wurden oft laut gefordert. Schranz sagt ganz offen: „Ich mag den Wolf nicht. Aber ich habe gelernt, mit ihm umzugehen.“ Die gesellschaftliche Polarisierung, die beim Thema Wolf auch von Vertretern seines Standes vorangetrieben werde, sieht er kritisch. „Das kostet uns wertvolle Zeit. Dabei steht doch fest: Der Wolf ist zurück und er ist streng geschützt. Daran wird sich so schnell nichts ändern.“

Mit dieser Erkenntnis hat sich Schranz zuletzt intensiv mit praktikablen Herdenschutzmaßnahmen auseinandergesetzt. Angefangen beim Hirten, der die Herde mithilfe von Hirtenhunden beisammenhält, über das Ausbilden von Herdenschutzhunden bis hin zum Einsatz von Lamas, die neugierig auf andere Tiere zugehen und so den Raubtrieb von Beutegreifern unterbrechen.

Jedoch krankt es momentan noch an gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit mit Herdenschutztieren: Aus Tierwohlgründen dürfen sie nicht allein ohne Hütte bei der Herde gelassen werden. Ist Schranz mit seinen Tieren auf Wanderschaft, so wird nach Einbruch der Dunkelheit ein Nachtpferch errichtet. Keine Stunde brauche das Aufstellen des elektrischen Zauns. Der hat eine Schlagkraft von 8.000 bis 9.000 Volt und einen Durchschlupfschutz, damit der Wolf nicht hindurchkriechen kann. „Wenn das alles nichts nützt, bleibt mir nur mehr der Hund“, sagt Schranz. Und dann sei auch seine Schmerzgrenze erreicht. Herdenschutz ist für ihn eine Frage der Toleranz. „Akzeptiere ich einen gewissen Arbeitsaufwand? Setze ich mich mit Herdenschutz auseinander? Oder sage ich stur: Ich will keinen Hirten, ich will keinen elektrischen Zaun und ich will keinen Wolf.“

Der Wolfsfolder.

Welches Verhalten bei Wolfskontakt und Anwesenheit von Herdenschutztieren ratsam ist, erfährt man in unserem neuen Wolfsfolder. > hier

 

Blick nach vorn

Der Schafbauer hat Überzeugungskraft und sieht gern das große Ganze. Der Wolf hat ihn gestern beschäftigt, meint er zum Abschied. Heute kümmert er sich um ein Modell der regionalen Vermarktung, das der kleinstrukturierten Landwirtschaft wieder zu mehr Wertschöpfung verhilft. Ein positiver Nebeneffekt der Pandemie: die Rückbesinnung auf gutes Lokales. Daneben möchte er stärker mit der Jägerschaft zusammenarbeiten, damit sich die Weidewirtschaft optimal mit dem Lebensraum von Stein-, Gams- und Rotwild verträgt. „Die Natur, das Wild, die Viecher – die können es alle miteinander schaffen. Nur wir Leutʼ, wir haben das verlernt.“

 
 
 
 

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